Rückenakt

                                             Wandsukptur   Rückenakt      Entstehungsjahr  2021      Maße ohne Trägerbrett: 33 cm x 42 cm                                                  Material: Paperclay schamottiert     rot brennend      bemalt mit Glasurfarben     gebrannt bei 1060 °C

 

 

   Kunst kann vordergründig schön sein, aber ansonsten belanglos. Dann ist sie vielleicht dekorativ, ganz sicher aber ist sie keine gute Kunst, wenn sie überhaupt Kunst ist. Belanglose Kunst steht irgendwann einfach nur noch rum oder hängt einfach nur noch an der Wand. Wirklich wahrgenommen wird sie nicht mehr. Gute Kunst wird nie belanglos. Man geht nicht an ihr vorbei, ohne sie wahrzunehmen. Man betrachtet sie, weil man immer wieder Neues in ihr sieht. Gute Kunst besitzt daher eine Form der Magie, die immer verknüpft ist mit einem Rest an Geheimnisvollem, den man gerne ergründen möchte, obwohl man eigentlich weiß, dass dies nicht wirklich zur Gänze möglich ist. Da hilft nur, immer wieder an- und hinschauen. Belangloser Kunst fehlt dieses magische Moment und entsprechend fehlt es ihr an Anziehungskraft

 

   Warum also handelt es sich bei dieser Wandskulptur nicht nur um einen weiteren belanglosen Rückenakt, wie es sie unendlich viele gibt, sondern um gute Kunst? Zum einen zieht dieser Rückenakt seinen Reiz aus mehreren formalen Elementen. Es handelt sich nicht um eine zweidimensionale Bildfläche, sondern um ein Flachrelief. Schon dadurch glaubt man, das Modell, das für diese Arbeit Modell hockte, in Realiter zu sehen.Die mit einer glänzenden Glasur überzogene Bildfläche strahlt in der Kombination mit der dritten Dimension einen zusätzlichen, natürlichen haptischen Reiz aus. Man möchte diesen dargestellten Körper auch gerne mit den Händen begreifen. Der gewählte schamottierte Ton signalisiert dabei unübersehbar, dass es hier nicht oberflächlich um die Darstellung  glatter Haut geht, sondern um ein ganzes Lebensgefühl. Warum möchte man gerne Teil dieser Szenerie werden und die dargestellte Person  neugierig berühren? 

 

   Die Tonplatte, die ja gleichzeitig als Leinwand dient, ist keineswegs spurlos glatt. Sie wurde offensichtlich dergestalt auf einer Unterlage ausgewalzt, dass der Eindruck eines bewachsenen Bodens entstand. Daher entwickelt sich die Idee, dass man auf eine Szenerie blickt, die in einer Landschaft spielt. Dieser haptische Unterschied zwischen der Grundplatte und dem darauf aufgearbeiteten Rückenakt wird erst beim zweiten Hinsehen bewusst, erhöht dann aber unbewusst das Aufmerksamkeitsniveau der BetrachterInnen. Die Bereitschaft, vor diesem Bild stehen zu bleiben, wächst.

 

   Ein weiterer formaler Aspekt, der Neugier weckt, liegt in der Ausnutzung der Bildoberfläche als Träger für weitere aufgearbeitete Elemente. Mit drei linear länglichen und einem runden Element entsteht so mit minimalem gestalterischen Aufwand ein Eindruck von Landschaft, die in Mondlicht getaucht ist. Die Palette aus bräunlichrötlichem Hintergrund und grünlichem Licht verstärkt diesen Mondlichteffekt. 

 

   Zum guten Schluss wird durch die Begrenzungsränder der Eindruck suggeriert, als blicke man durch einen unregelmäßig gewachsenen Wald auf so etwas wie eine durch Bewuchs begrenzte  Lichtung, auf der eine Person bar jeder Kleidung hockt. Vor dem inneren Auge entsteht insgesamt eine Szenerie, die die Assoziativkräfte unseres Gehirns aktiviert. Erinnerungen werden in uns wach. Erinnern bedeutet immer auch, in Geschichten zu denken. Einmal mehr gelingt es B.C.Barten, mit ganz wenigen bildnerischen Mitteln uns zu GeschichtenerzählerInnen zu machen. Da wir Geschichten nun einmal auch gerne zu Ende erzählen, bleiben wir vor diesem Rückenaktrelief länger stehen, als unbedingt notwendig. Wir tauchen dadurch ein in eine Detailbetrachtung dieser Szenerie und verlieren uns darin im wohlverstanden erzählerischen Duktus. Diese Arbeit weckt durch ihr Wirkungsgefüge eine Mischung aus Erinnerungen, Sehnsüchten, Wünschen, Hoffnungen, die sehr persönlich und privat sein können, so dass man darüber selten oder gar nicht mit Dritten spricht. Unsere Seele jedoch gerät in Schwingungen, die uns das Gefühl geben, zu leben. Auch solch ein psychosomatischer Effekt zeichnet gute Kunst aus.

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Kommentare: 1
  • #1

    Annett Kruppa (Dienstag, 23 November 2021 06:31)

    Hmmm, ich finde den Kopf zu groß und den Körper proportional zu klein.
    Mich stört das.
    Liebe Grüße Annett Kruppa